Friday, March 1, 2013

Neugier auf Urads Containerhafen

Ziltendorf (MOZ) Mit Interesse verfolgt man in der Gemeinde Ziltendorf und im Amt Brieskow-Finkenheerd den Plan in der polnischen Gemeinde Urad ein Logistikzentrum mit einem Hafen aufzubauen. "Alles, was die Oder in den Fokus rückt, begrüßen wir", sagte Ziltendorfs Bürgermeister Danny Langhagel.
Der Frachthafen werde kein Problem für die geplante Oderfähre zwischen Urad und Aurith darstellen, versicherte der Geschäftsführer des Fördervereins Schlaubemündung-Odertal, Lukasz Kaczmarek. Er hält im Auftrag der Gemeinde Ziltendorf und des Amts die Kontakte zu den polnischen Partnern. Denn der neue Hafen soll etwa ein Kilometer nördlich der Fähranlegestelle entstehen, berichtete er. Dort gebe es bereits einen in den 1990er Jahren errichteten Umschlagplatz, auf dem in den vergangenen Jahren hauptsächlich Kies verladen worden war. Dieser Hafen werde aber derzeit nur schwach genutzt, man suche einen neuen Pächter. Eigentümer sei nicht die Gemeinde sondern das polnische Wasser- und Schifffahrtsamt.
Der Hafen liegt in einer Investitions- und Dienstleistungszone der Gemeinde Cybinka; er verfügt auch über einen Bahn- und Straßenanschluss. Diese Merkmale haben offenbar das Interesse eines holländischen Investors geweckt.
Die Geschäftsleute aus den Niederlanden haben jetzt Urads Bürgermeister Roman Sieminski ihr Konzept vorgestellt. Ihr Plan sieht vor, dass man den Hafen deutlich ausbaut und ein Logistikzentrum errichtet. Dann können Container per Schiff, Bahn oder Lkw angeliefert und in Urad umgeladen werden - vom Binnenfrachter auf den Brummi oder auf den Güterzug.
In den vergangenen Jahren haben bereits mehrere Unternehmen in Urad ihre Visionen für den Hafen präsentiert, aber realisiert worden war nichts. "Aber das Konzept, das die Holländer jetzt vorstellten, findet man in Urad gut", erläuterte Lukasz Kaczmarek. Dabei sei man sich aber auch bewusst, dass die Realisierung dieser Pläne mindestens zehn bis 15 Jahren dauern werde. Ein zentrales Problem ist dabei, dass man eine stabile Schiffbarkeit der Oder mit einer Wassertiefe von mindestens 1,80 Meter erreichen muss. Dafür müsste man den Strom vertiefen und Sandbänke abbaggern.Diese Frage müsste der Investor mit den polnischen und deutschen Behörden besprechen.
Grundsätzliche Unterstützung für das Projekt in Urad sicherten Ziltendorfs Bürgermeister Danny Langhagel und Günter Lehmann, Vorsitzender des Amtsausschusses des Amtes Brieskow-Finkenheerd zu. Alles, was zu einer Belebung auf der Oder beitrage, sei zu begrüßen, sagte Danny Langhagel. Der geplante Frachtverkehr könne so auch positive Effekte für das Programm Oder-Touristen-Schiffe 2014 sowie für die Fähre Aurith und Urad haben, so Ziltendorfs Bürgermeister. Alles, was die Oder in den Fokus rücke, sei zu begrüßen.
Ein solcher Frachthafen könnte auch positive Wirkungen für die deutsche Seite entfalten, erläuterte Günter Lehmann, Vorsitzender des Amtsausschusses. Denbkar wäre auch, dass schwere Frachten für eine der Fabriken in Eisenhüttenstadt in dem Hafen umgeladen werden.
Danny Busse, Amtsdirektor des Amtes Brieskow-Finkenheerd, sagte, dass er eines der größten Probleme im Oder-Tiefgang sehe. Er wolle das Vorhaben noch nicht bewerten, denn für eine fundierte Einschätzungen fehlen ihm wichtige Informationen.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Die Idee des Logitikzentrums ist aller Ehren wert, nur sollte man, bevor man das Fahrrad zum zweiten oder zehnten oder hundertsten Mal erfindet, in verschiedene Amtsstuben in Frankfurt, Eisenhüttenstadt, Fürstenwalde, aber auch Gorzow und Zielona Gora schauen oder vielleicht auch beim Verkehrsministerium in Potsdam
 Bereits in der ersten Hälfte der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden umfangreiche und auch tiefgründige Untersuchungen zu solchen Zentren an verschiedenen Stellen im Dreieck zwischen Kietz, Eisenhüttenstadt und Fürstenwalde untersucht und anschauliche Ergebnisse vorgelegt, dergleichen auch von Gorzow bis Zielona Gora. Unter anderem wurden Hafenverbünde konzipiert, analog der funktionierenden in Sachsen und Tschechien. Es gab äußerst konstruktive Beratungen in Arbeitsgruppen der Städte Frankfurt, Eisenhüttenstadt und Fürstenwalde, ebenso in Polen. Auch verschiedene Wirtschaftsfördereinrichtungen taten ihr Übriges.
 Warum wurde bis heute nichts draus ?
 
 1. Der Haupttransportweg Oder, aber auch der Oder-Spree-Kanal und die Warthe bedürfen ständiger Pflege und Wartung, damit die Ufer und die Fahrrinnen schiffbar bleiben, auf deutscher Seite immer kein Geld (dafür Cargo-Lifter, Lausitz-Ring und BER), auf polnischer Seite keine EU-Mittel für Westpolen, die Region selbst zu schwach und schließlich der Grenzfluß ewiger Zankapfel, wer denn nun für die Schiffbarkeit zuständig sei.
 Ergebnis: Jeder und Keiner, Resultat siehe oben.
 
 2.Der größte Teil der traditionellen Quell- und Zielverkehre fielen der Deindustrialisierung zum Opfer, eigenes Frachtaufkommen für Kombiverkehre gleich Null. Acelor-Mittal transportiert zu super Preisen seine Rohstoffe und Fertiprodukte per Deutsche Bahn in schnellen, überschweren Ganzzügen nach Rotterdam und Antwerpen, Umwege über Ostsee und Hamburg verteuern nur alles. Die Ware sucht sich den billigsten Weg.
 Und glaube keiner das Märchen, daß die Pappfabrik in Eisenhüttenstadt vom LKW abgeht. Je mehr umgeladen wird, desto teurer wird der Transport - Geiz ist geil und profitabel.
 
 3. Der anfänglich vorhandene Gedanke der Kooperation und Zusamenarbeit sowohl in Deutschland als auch mit Polen machte sich in den Arbeitsgruppen zunehmend kleiner als Lokalpatriotismus, individuelle Fördermittelgier und zunehmende Unsachlichkeit externer Berater aus Berlin und noch weiter westwärts auf die Tagesordnung kamen. Das Verkehrsministerium in Potsdam lehnte solche Logistikverbünde wie in Sachsen - Tschechien für Brandenburg als nicht mach- und finanzierbar ab. Und die plnischen Partner sprangen zunehmend ab, als sie von deutschen Fördermitteln nichts abbekamen.
 
 4. Der jetzt so hoch gelobte Platz nördlich Urad wurde mehrfach konzipiert und überplant, weder die damals noch deutsche, jetzt polnische Binnenreederei, die polnischen Binnenschiffer wie auch die polnische Staatsbahn PKP hatten Interesse, weil sie hier schnell die äußerst geringen Aufkommen sahen und ein wirtschaftlicher Betrieb nicht darstellbar war.
 Alles schlief wieder ein, die Dokumentationen verschwanden in Aktenschränken und Archiven.
 
 Aber nun kommt das große Glück aus Benelux.
 Die Container - der Welt ergiebigste Erfindung nach dem Brühwürfel.
 Bitte sehen Sie sich die rückläufigen Containertransporte in der ganzen Welt an - außer China. Aber das liegt leider nicht direkt an der Oder.
 Die Gier nach Fördermitteln bei minimalen Eigenanteilen und neuen Untersuchungsgeldern für bildschöne Plagiate scheint ungebrochen.
 Also, liebe Verwaltungen, her mit dem Geld für neue Luftschlösser und das alles nocheinmal - wir habens ja. Der Erfolg wird Euer sein.
 Wieso ich das so detailliert weiß - ich war mal dabei in den goldenen 90-ern.
 Beste Logistikgrüße
28.02.2013 20:56:23
Horst Grünberg

Märkische Oderzeitung (MOZ-de)  - 27.02.13