Saturday, May 17, 2014

Oder-Spree-Kanal - Historische Betrachtung (WSA Berlin)

Wir schreiben das Jahr 1373. König Karl der IV. hat soeben die Mark Brandenburg erworben und plant diese wirtschaftlich an seine anderen Länder Böhmen, Mähren und Schlesien anzubinden. Ein Kanal von der Spree zur Oder muss her. Denn der Transport über die Straßen der damaligen Zeit ist allzu beschwerlich.

Fünf Jahre danach starb Karl der IV. und so gerieten seine Planungen in Vergessenheit. Erst 300 Jahre später gelang es dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm den Kanalbau gegen alle Widerstände durchzusetzen. 1668 wurde der nach ihm benannte Kanal feierlich eingeweiht. Er führte von der Spree bei Neuhaus nach Müllrose. Von da an folgte er dem Schlaubelauf zur Oder.

 
200 Jahre tat der Friedrich-Wilhelm-Kanal seinen Dienst. Als jedoch die Industrialisierung in der Oberschlesischen Kohleregion einsetzte, nahm der Warenverkehr stark zu. Immer mehr Schiffe wollten den Wasserweg nach Berlin befahren. Die alte Wasserstraße war hoffnungslos überlastet. Daher entschloss sich die Preußische Regierung 1886 zum Bau des Oder-Spree-Kanals. Für dieses Projekt wurden 12,6 Millionen Reichsmark bereitgestellt.


Die 1891 fertiggestellte Wasserstraße folgt zwischen der ehemaligen Buschschleuse und Schlaubehammer dem Lauf des alten Kanals, der für die neuen Verkehre verbreitert wurde. Die östliche Trasse hingegen wurde gänzlich neu erbaut. Sie führte nach Fürstenberg an der Oder, dem heutigen Eisenhüttenstadt. Von der ehemaligen Buschschleuse bis zur Spree bei Flutkrug wurde ein Durchstich gebaut, und die Müggelspree erhielt einen Seitenkanal, der direkt zum Seddinsee führt.

Bei Biegenbrück quert der Oder-Spree-Kanal die Wasserscheide. Westlich davon fließt das Wasser zur Spree, und damit über Havel und Elbe in die Nordsee. Auf der anderen Seite neigt sich das Gelände der Oder und damit der Ostsee zu. Die Wasserscheide ist der höchste Punkt der Wasserstraße. Sie wird in einer 35 km langen Scheitelhaltung überquert. Zur Überwindung der Höhendifferenz zum Seddinsee wurde in Wernsdorf, Große Tränke, Fürstenwalde und Kersdorf je eine Schleuse errichtet. Der Höhenunterschied von der Scheitelhaltung zur Oder beträgt bis zu 14,40 m. Dafür würde bei Fürstenberg (Eisenhüttenstadt) eine dreistufige Schleusentreppe errichtet. Die Schleusen durften mit bis zu 58 m langen und 8,60 m breiten Schiffen befahren werden. Der Kanal selbst war 23 m breit und 2 m tief.




Doch der Verkehr wuchs, und mit dem Verkehr wuchsen die Schiffe. Bereits sechs Jahre nach Fertigstellung wurde erneut am Kanal gebaut. So wurde verbreitert, vertieft und begradigt. Die Schleusen erhielten eine weitere Kammer und die Brückenöffnungen wurden vergrößert.

Mit dem Übergang der Wasserstraßen an das Deutsche Reich wurde 1921 die Neugestaltung des Oderabstieges in Angriff genommen. Der gesamte Höhenunterschied wurde nun durch ein einziges Bauwerk überwunden. Die Schachtschleuse Eisenhüttenstadt erhielt eine Nutzlänge von 130 m und eine Breite von 12 m. Von nun an war es möglich von der Oder aus mit 1000t-Schiffen in den Kanal zu gelangen. Eine Weiterfahrt nach Berlin war allerdings nur mit Plauer-Maß-Kähnen möglich.

Die Blütezeit des Oder-Spree-Kanal lag zwischen den beiden Weltkriegen, nachdem sich die Wirtschaft von Krieg und Inflation erholt hatte. Über die Wasserstraße wurden so viele Waren wie nie zuvor transportiert. 1912 wurden 4,4 Millionen Gütertonnen registriert. Vor der Schachtschleuse bei Fürstenberg stauten sich die Schleppzüge.
Durch die Kriegswirren am Ende des zweiten Weltkrieges wurde auch die Wasserstraße stark in Mitleidenschaft gezogen. Von den 33 Brücken war nur eine unversehrt geblieben. Die Trümmer der anderen versperrten den Kanal. 188 Fahrzeuge lagen versenkt auf seinem Grund. Zügig wurde mit der Räumung begonnen, und so konnte die Schifffahrt bereits 1946 wieder aufgenommen werden.

Mit fortschreitendem Wiederaufbau nahm auch das Verkehrsaufkommen wieder zu. Doch die Vorkriegswerte wurden nie wieder erreicht. Bis 1990 wurden im Jahr konstant 2,3 Millionen Tonnen Güter transportiert. Trotzdem blieb der Kanal ein wichtiger Verkehrsweg der DDR. Über ihn wurde Berlin mit Kohle und Baustoffen versorgt, und für den Rückweg wurden Waren für das Industriezentrum Eisenhüttenstadt geladen.
Mit der friedlichen Revolution kam der Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft.


Dadurch ging das Güteraufkommen auf ca. 0,4 Millionen Tonnen pro Jahr zurück. Das Ende einer Wasserstraße? Nein, denn der Verkehr kann zurückkehren. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung hat ermittelt, dass hierfür nur die Schleusen auf 115 m verlängert werden müssen. Eine Investition die sich lohnt. Damit wird der Kanal auch in Zukunft seinen Beitrag als Verkehrsträger im Osten Brandenburgs und als Verbindung zu den neuen EU Ländern leisten.

Quellen:
WSA