Saturday, December 7, 2013

Brandenburgs einziger Seezugang

Dicker Nebel hängt über der Uckermark. Die beiden 45-Tonnen-Kräne heben sich im Schwedter Hafen nur schemenhaft vom Grau der Lagerhallen ab. Kein Schiff liegt an der Kaikante.
 
Nur die noch nicht weggeräumte Borke auf der riesigen Betonfläche zeugt davon, dass hier vor kurzer Zeit viel Holz umgeschlagen wurde. Jetzt aber hat der Winter den Hafen im Griff. „Wenn die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße voller Eis ist, kommen nur die Eisbrecher ab und an zum Tanken vorbei“, erzählt Helmut Preuße. Er ist der Geschäftsführer der Stadtwerke Schwedt. Zu diesem Unternehmensverbund gehört auch die Schwedter Hafengesellschaft.

Elf Jahre ist der neue Hafen der Industriestadt nun alt. Eine reine Anlegestelle für Binnenschiffe ist er schon lange nicht mehr. „Die Entwicklung eines Hafens dauert lange und erfordert viel Geduld, dass musste auch ich erst lernen“, betont Helmut Preuße. Schwedt und die Stadtwerke haben diese Geduld aufgebracht, aber sie auch mit Investitionen gewürzt, denn ein Hafen funktioniert nur im Zusammenspiel vieler Komponenten. „Vor anderthalb Jahren haben wir, nach der sehr guten Straßenanbindung, nun endlich auch den Eisenbahnanschluss erhalten.“ Gut sieben Millionen Euro flossen in die Gleisanlagen. „Jetzt können wir hier bis zu 600 Meter lange Güterzüge be- und entladen“, betont der Hafenchef.

Massengüter und ganze Industrieanlagen gehen über die Kaikante
Schon im vergangenen Jahr kam gut ein Siebtel des Warenumschlags per Schiene zum Hafen. Insgesamt wurden dort rund 215.000 Tonnen Güter bewegt. „Hier werden überwiegend Getreide, Dünger, Kiese und Sande verladen“, erzählt Preuße. „Aber auch große Industrieanlagen für die Raffinerie in Schwedt und für eine Behälterbaufirma gehen bei uns über die Kaikante.“ Der Hafen wird von den Unternehmen der Stadt und der Umgebung immer besser angenommen. Deshalb wird auch weiter investiert. „In diesem Jahr entsteht eine neue 2.000 Quadratmeter große Lagerhalle und außerdem wollen wird mit dem Containerumschlag beginnen.“ Allein dafür wird ein gut 600.000 Euro teurer fahrbarer Stapler und Umsetzer angeschafft. „Wir wollen gerüstet sein, wenn auf dem Wasserweg zwischen Stettin und Berlin der Containertransport beginnt“.
Bislang jedoch haben das alte Schiffshebewerk am Oder-Havel-Kanal in Niederfinow und zwei zu niedrige Brücken bei Eberswalde den zweilagigen Containertransport auf den Binnenschiffen verhindert. Nur aber wenn die Metallkisten doppelt gestapelt werden können, wird die Fahrt für die Schiffer wirtschaftlich interessant. „Ein neues Schiffshebewerk ist im Bau und nun wurden vom Bundestag endlich auch die Mittel für die Anhebung der beiden Brücken freigegeben“, freut sich Helmut Preuße. Ab 2015 könnten Containerschiffe auf dem Kanal fahren.

Binnenschifffahrt benötigt Hilfe der Politik
Denk er aber über die Situation der Binnenschifffahrt insgesamt und über die Gedankengänge einiger Politiker zu diesem Verkehrszweig nach, vergeht ihm die Freude. „Die Diskussion über die Kategorisierung der Binnenwasserstraßen wird falsch geführt“, ärgert sich Preuße. „Es darf einfach nicht sein, dass die Wasserwege im Osten Deutschlands herabgestuft werden.“ In der Binnenschifffahrt werden jetzt die Bedingungen für die nächsten 20 bis 30 Jahre geschaffen. „Werden jetzt aber die Wasserstraßen im Osten herabgestuft und damit auch die Investitionen für den Erhalt oder Ausbau gekürzt, werden wir ganz einfach vom transeuropäischen Netz abgeschlossen und dass zu einer Zeit, in der immer mehr Waren mit Osteuropa ausgetauscht werden“, mahnt der Hafenchef.

Auch von der Landespolitik erwartet Helmut Preuße mehr Hilfe für die Binnenschifffahrt. „Der Hafen Schwedt ist der einzige Seezugang Brandenburgs.“ Schon jetzt können kleine Küstenmotorschiffe von Schwedt aus über Stettin bis zur Ostsee fahren. „Mit diesem Pfund aber wird viel zu wenig operiert“, glaubt der Geschäftsführer. Auch der seit Jahren diskutierte Ausbau der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße kommt nicht voran. „Dabei geht es inzwischen gar nicht mehr um eine Verbreiterung, sondern nur noch um eine Vertiefung der Fahrrinne.“ Die Verträge darüber sind zwischen der deutschen und polnischen Seite aber noch immer nicht unterzeichnet. Der Ausbau des Kanals würde dem Schwedter Hafen deutlich mehr Umschlag bringen und damit auch seine Wirtschaftlichkeit verbessern. „Mit dem reinen Hafenbetrieb sind wir schon jetzt in den schwarzen Zahlen“, betont Helmut Preuße. „Der Kapitaldienst für die Investitionen wird uns aber noch einige Zeit belasten.“

http://www.wirtschaftsmagazin-ostbrandenburg.de/html/2940-Brandenburgs_einziger_Seezugang