Eisenhüttenstadt (MOZ) Über die Zukunft der Wasserstraßen zwischen Elbe
und Oder debattierten in Eisenhüttenstadt Politiker der SPD gemeinsam
mit Vertretern von Unternehmen, Verbänden und der Stadt.
"Wenn wir wieder
an der Regierung sind, werden wir das alles rückgängig machen", sagt
Gustav Herzog. "Wir haben die Chance, die Abkopplung der Wasserwege von
der Verkehrsentwicklung zu korrigieren - mit dem
Bundesverkehrswegeplan 2015 und mit einem
Bundeswasserstraßenausbaugesetz!" Gustav Herzog, SPD-Berichterstatter
für Binnenschifffahrt im Bundesverkehrsausschuss, macht ordentlich
Wahlkampf (2013 ist wieder Bundestagswahl) im Konferenzraum der
Hafenbetriebsgesellschaft in Eisenhüttenstadt. Bundes-, Landes- und
Lokalpolitiker der SPD diskutieren hier mit Vertretern von Unternehmen,
Verbänden, der IHK und mit Bürgermeisterin Dagmar Püschel (Die Linke)
über die Zukunft der Wasserstraßen zwischen Elbe und Oder. Oder besser:
Sie suchen nach Wegen, diesen Wasserstraßen und dem Oder-Spree-Kanal
wieder zu einer Zukunft zu verhelfen.
Denn die Binnenschifffahrt
außerhalb des Rheins werde durch die jetzige Bundesregierung von der
Entwicklung der Verkehrsträger abgekoppelt, stellt Gustav Herzog fest,
und meint nicht nur die beabsichtigte Abstufung des Oder-Spree-Kanals in
die touristische Kategorie. Vor allem die Entscheidung, die Schleusen
in Kleinmachnow und Fürstenwalde nicht auszubauen, obwohl alle anderen
Schleusen zwischen Elbe und Oder bereits saniert worden sind, sei
verheerend.
"In den Wasserstraßenausbau
sind dort bereits 3 Milliarden Euro investiert worden, es fehlen nur
noch die beiden Schleusen sowie die Anhebung zweier Brücken für ein paar
Millionen", weiß er. Auf Hinweis des lokalen SPD-Bundestagskandidaten
Lars Wendland habe er jetzt den Bundesrechnungshof eingeschaltet.
"Schließlich wären die Milliarden sonst verschwendet."
Von Rotterdam bis zur Oder
sollen große Binnenschiffe eines Tages fahren können - das ist das Ziel
des Ausbaus der Wasserstraßen, der bereits so weit fortgeschritten war.
Auch die Zukunft des Hafens in Eisenhüttenstadt hänge davon ab, betont
Bürgermeisterin Dagmar Püschel. "Der Hafen ist wichtig für künftige
Industrieansiedlungen, genauso aber für die Betriebe, die hier bereits
produzieren", sagt sie. Elke Weiß, Logistik-Fachfrau bei ArcelorMittal,
versichert: "Unsere Geschäftsführung setzt auf die Binnenschifffahrt als
Alternative zum teurer werdenden Schienenweg." Im EKO müssten dafür
millionenschwere Investitionen in die Entladung der Schiffe und die
Transportlogistik erfolgen, der Werkhafen wurde jahrelang
vernachlässigt. "Wir würden aber nur investieren, wenn der Ausbau
weitergeht."
Dietmar Raschmann vom Verein
"Weitblick - Verkehrsinfrastruktur, Wirtschaft und Logistik" fordert
Politik und Wirtschaft dazu auf, gemeinsam zu kämpfen. "Resolutionen
reichen nicht mehr", sagt er, "jetzt müssen klare politische Beschlüsse
her, parteiübergreifend." Auch die Unternehmen müssten "ganz klar
Stellung beziehen".
Erste Maßnahme wird ein
gemeinsamer Beschluss der Stadtverordneten Eisenhüttenstadts sein, der
nächste Woche getroffen werden soll. Ähnliche Beschlüsse - so der
Vorschlag - sollen danach die Stadtparlamente in Frankfurt, Fürstenwalde
und Königs Wusterhausen fassen.
Quelle: Märkische Oderzeitung: 27.11.2012 (http://www.moz.de)
Dazu ein Kommentar von "fern-der-Heimat-arbeitend" (03.12.2012 13:38:39):
Ich weiß nicht, warum ausgerechnet der Wasserstraßenausbau
Geldverschwendung sein soll. Zumindest wird nicht mehr oder weniger
"verschwendet" als in Straße oder Schiene. Natürlich fällt es weniger
auf wenn täglich nur 5-6 Schiffe, macht ca. 4000 to täglich je
Fahrtrichtung, auf dem Oder-Spree-Kanal zu sehen sind. Die gleiche Menge
auf der Straße macht mehr Eindruck, weil es eben ca. 120 sichtbare
Fahrzeuge sind. Es ist auch so angenehm wenn diese Anzahl von Fahrzeugen
durch durch die Städte und Dörfer fahren. Da spaziert man doch gern mit
seinen Kindern an der Straße!
Übrigens ist die transportierte Menge je Schiff auf den aktuellen Kanalausbauzustand berechnet.
Man muss davon ausgehen, dass auch Instandhaltung und
Hochwasserschutz erbebliches Geld kostet. Selbst wenn der Kanal zur
Restwasserstraße herabgestuft wird. Nur das Geld zahlt dann nicht der
Bund. Denn Hochwasserschutz ist Ländersache. Das wird die Bürger und
Anlieger sicher freuen!
Wassertourismus hat sich dann auch über kurz oder lang erledigt.
Denn die Schleusen, Instandhaltung, laufende Unterhaltung und Personal
gehen dann in die örtliche Zuständigkeit über.
Da werden sich auch die in der Nähe von Kanälen liegenden Orte und
ihre Anwohner freuen, wenn der Kanal durch Überwasser das Grundwasser
steigen lässt und Keller und Grundplatten nass werden. Aber auf diesen
Kosten bleibt dann der Einzelne sitzen.
Es ist richtig, dass nicht alles auf Europamaßschiff ausgebaut
werden muss. Nur leider gehen die kleinen Schiffe mit bis zu 1200 to,
zumindest in Deutschland vom Markt. Banken finanzieren jedoch nur große
Schiffe, jenseits der 2000 to. Tragfähigkeit.
In Belgien und den Niederlanden gibt es noch reichlich kleine
Schiffe mit bis zu 67 m Länge und knapp 1000 To Tragfähigkeit. Die wären
von den Wasserstraßen her durchaus in der Lage bis Fürstenwalde oder
Eisenhüttenstadt durch zu fahren. Wenn es da nicht die niedrigen Brücken
gäbe. Durch die passen eben nur die letzten alten DDR-Schiffe, die noch
nicht dem Markt angepasst wurden oder die letzten kleinen polnischen
Schiffe. Letztere aber dürfen nicht auf oder über den Rhein fahren, weil
sie dort nicht den Erfordernissen entsprechen. Ihr Einsatz ist also nur
in kurzen Strecken von Bedeutung.
Übrigens wer sehen will was sich entwickeln kann wenn Wasserstraßen
angemessen nutzbar sind, der sollte sich die Region um Haldensleben
ansehen. Die Wirtschaft boomt. Auch der LKW- Zubringerverkehr. Die Häfen
müssen rund um die Uhr arbeiten um dem Ansturm gerecht werden zu
können. Wasserstraßen dienen nicht nur dem Transport. Das wäre eine
sehr begrenzte Sichtweise.
Oder-Spree-Kanal hat Potenzial
27.03.2012 Die Märkische Oderzeitung berichtet in Ihrer heutigen Ausgabe:
Rund 1,6 Millionen Tonnen Güter könnten künftig statt auf der Straße oder mit der Bahn auf der Oder-Spree-Wasserstraße transportiert werden. Bisher ist aber die Binnenschifffahrt für die großen Industriebetriebe in Eisenhüttenstadt noch keine wirkliche Alternative.
Rund 120 bis 130 Lastwagen beliefern täglich die Papierfabrik in Eisenhüttenstadt, die gleiche Anzahl verlässt täglich das Werk im Industriegebiet am Oder-Spree-Kanal. Dazu kommen noch 60 bis 70 Brummis, die für das benachbarte Kraftwerk Brennstoff bringen. Bisher quält sich der Lastwagenverkehr größtenteils durch die Stadt, rund 800 Transport-Fahrten pro Tag. Zwei Drittel der täglichen LKW-Fuhren werden künftig über die neue Nordanbindung zur B112 abgefangen. Könnte nicht ein Teil des Frachtverkehrs auf das Wasser verlegt werden?
Mit diesem Thema hat sich jüngst eine Veranstaltung in Eisenhüttenstadt beschäftigt. Auf Einladung der Initiative "Weitblick - Binnenschifffahrt Plus" wurde mit Vertretern großer Unternehmen in Eisenhüttenstadt ausgelotet, welche Potenziale es für den Transport mit der Schiffen gibt. Bislang spielt die Binnenschifffahrt kaum eine Rolle.
"Jede Tonne Papier kommt bei uns mit dem Lkw", sagte Frank Bölling von der ProGroup in Eisenhüttenstadt. "Bisher haben wir keinen anderen Verkehrsträger genutzt." Im vergangenen Jahr habe man die Bahn getestet, 40000 Tonnen verladen. Im Vergleich zum Lkw besteht Kostengleichheit. Negativ wertete Bölling, dass das Papier erst mit dem Brummi zur Bahn transportiert werden muss. Für eine Verlagerung auf das Schiff macht Frank Bölling aber durchaus Potenzial aus. Vorwiegend sieht er die Binnenschifffahrt als strategische Option. Vor dem Hintergrund steigender Dieselpreise aber auch der Straßenmaut in Polen - einem wichtigen Absatzmarkt der ProGroup - sei es gut, Alternativen zu haben. "Das geht aber nicht morgen", machte Frank Bölling den zeitlichen Horizont für eine Verlagerung deutlich. Vor allem merkte er kritisch an, dass die Binnenschifffahrt dann keine Alternative sei, wenn die Güter nur auf kleinen Schiffen transportiert werden. Das ist aber ein Problem auf dem Oder-Spree-Kanal. Weil das Bundesbauministerium den Oder-Spree-Kanal abstufen will, steht der Neubau der Schleuse in Fürstenwalde auf der Kippe. Größere Schubverbände müssen dort zeitaufwändig entkoppelt werden oder können dort erst gar nicht geschleust werden. Die Initiative macht deshalb Lobbyarbeit gegen die drohende Abstufung des Kanals zu einer rein touristischen Wasserstraße.
Das Planungsbüro Inros-Lackner hat in einer Untersuchung ermittelt, was von der Straße auf Schiffe verlagert werden kann, wenn die Voraussetzungen stimmen. Für die Papierfabrik ergab dies rund 45000 Tonnen. Sehr viel mehr ist es für das ENBW-Kraftwerk. "Das ist klassisches Binnenschifffahrtsgut", sagte Armin Gewiese von dem Planungsbüro. Auch ArcelorMittal könnte rund 100000 Tonnen verlagern. Rund 5 Millionen Tonnen Güter benötigt das Werk jährlich. "Das kommt fast zu 100 Prozent über die Bahn", sagte Ellen Finke, Cheflogistikerin bei ArcelorMittal Eisenhüttenstadt. Seit fast 20 Jahren sei in der Diskussion, dass alle Verkehrsweg zum Einsatz kommen. Alternativen wären denkbar, allerdings machte Ellen Finke darauf aufmerksam, dass die Belieferung "just in time" erfolgt, also die Güter kommen an und werden auch gleich weiterverarbeitet. Die Endprodukte, zum Beispiel Bleche für die Autoindustrie, werden auch mit Lastwagen transportiert. Da seien die Qualitätsanforderungen der Kunden sehr hoch.
Momentan spielt der Oder-Spree-Kanal und der Hafen eine eher untergeordnete Rolle beim Gütertransport. Laut dem aktuellsten statistischen Verkehrsbericht zur Binnenschifffahrt wurden im Hafen Eisenhüttenstadt 2010 77345 Tonnen Güter umgeschlagen, davon allein 51000 Tonnen Baustoffe.
http://www.verein-weitblick.de/Oder-Spree-Kanal-hat-Potenzial-765351.html