Neue Oderwerft in Eisenhüttenstadt existiert seit zehn Jahren
Eisenhüttenstadt . Seit 193 Jahren werden im heutigen Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) Schiffe gebaut und instand gesetzt. Nach dem Konkurs der früheren Oderwerft feierte deren Nachfolger jetzt ihr zehnjähriges Bestehen. Die Werft beschäftigt 40 Mitarbeiter .
Zu Elke Ruchatz haben die Banken inzwischen Vertrauen. Vor zehn Jahren noch blickten sie etwas skeptisch auf die Geschäftsführerin der Neuen Oderwerft. Eine Frau an der Spitze einer Werft? "Das ist ja eigentlich eine hochkomplizierte Männerdomäne" betonte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) am Freitag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Neuen Oderwerft. Elke Ruchatz, Zweitplatzierte beim Wettbewerb "Unternehmerin des Jahres 2009", hat die Schiffbautradition an der Oder am Leben erhalten. Seit 1816 wurden im kleinen Städtchen Fürstenberg (Oder), jetzt Ortsteil von Eisenhüttenstadt, Schiffe gebaut. Doch mit dem Konkurs der Oderwerft 1999 drohte diesem Industriezweig das Aus. Heute glaubt die Geschäftsführerin, dass klassische Managementfehler ihrer Vorgänger am Niedergang der alten Werft Schuld waren. "Die Chefs standen nicht in der Verantwortung, die Preise waren nicht kostendeckend", urteilt sie, die selbst seit 1987 den Standort kennt. Und sie machte es besser.
Im November 1999 übernahm sie die Geschäftsleitung der Neuen Oderwerft und konnte 2008 mit einem Umsatz von fünf Millionen Euro ein Rekordergebnis einfahren. Inzwischen sind etwa 500 000 Euro investiert worden - in einen neuen Hallenkran, in Zuschnitt- und Schweißanlagen. Von Banken- und Werftenkrise an der deutschen Küste spüre das mittelständische Unternehmen kaum etwas. Lediglich im Frühjahr gab es einige schwierige Wochen, die die Werft ohne Kurzarbeit überstand. Die Mitarbeiterzahl stieg im vergangenen Jahrzehnt sogar von 13 auf aktuell 40 Beschäftigte und fünf Auszubildende, ist aber weit entfernt von den 450 Angestellten, die zu DDR-Zeiten hier fast wöchentlich ein Schiff vom Stapel laufen ließen.
Die Neue Oderwerft verließen seit 1999 60 Neubauten. Die Schiffe aus Eisenhüttenstadt verdrängen bundesweit nicht nur Wasser auf Flüssen und Kanälen, sondern auch die Mitbewerber. An Ausschreibungen beteiligt sich die Neue Oderwerft nicht nur im eigenen Bundesland erfolgreich - wo sie konkurrenzlos ist, sondern selbst in Städten wie Koblenz, Nürnberg und Aschaffenburg. Die Aufträge kommen nach Aussagen der Werft-Chefin fast ausschließlich von der öffentlichen Hand. Insbesondere die Wasser- und Schifffahrtsämter lasten die Werft aus - alljährlich wird in Eisenhüttenstadt die Eisbrecherflotte des Wasser- und Schifffahrtsamtes Eberswalde für die Wintersaison flott gemacht. Darauf ist die Werft genauso spezialisiert wie auf den Bau sogenannter Prahme - antriebsloser Arbeitsschiffe. Sie kommen, in unterschiedlicher Ausstattung und Größe, beispielsweise zum Materialtransport auf den Binnengewässern zum Einsatz. Neubau und Reparaturen halten sich nach Einschätzung der Geschäftsführerin in etwa die Waage.
Zu den größten Aufträgen gehörten der 2,5 Millionen Euro teure Bau eines Mehrzweckschiffes mit Motor für das Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg sowie der Komplettumbau des 1958 in Dienst gestellten Eisbrechers "Kienitz" Anfang des Jahres. "Bis zum Jahresende sind die Auftragsbücher gut gefüllt", sagt Elke Ruchatz. Davon profitieren auch andere Firmen in Eisenhüttenstadt, die der Werft zuarbeiten.
Quelle: Märkische Oderzeitung 4/9/2009