Saturday, January 21, 2012

Trawler ROS 202 "EISENHÜTTENSTADT" ex- STALINSTADT (DHXB)



















Trawler Typ "I"
ROS 202 "EISENHÜTTENSTADT"
IMO 5099185
Bnr. 1002
- Üb.01.06.52
- a.D.15.02.77
- 1978 verschrottet in Rostock
Quelle: http://forum-schiff.de

Kapitän : Otto Mroszewski
Reise vom 11.04. bis 12.06.1961
Reisezeit 2 Monate und 1 Tag
Als ich zu meiner dritten Reise anmusterte hieß die ROS 202 noch STALINSTADT . Irgendwann wurde die STALINSTADT in EISENHÜTTENSTADT umbenannt. Dies geschah, nachdem J.W.Stalin in der sozialistischen Welt in Ungnade gefallen war.
Wir liefen aus mit der Order, auf den Fangplätzen vor Labrador und Neufundland, für die M.A. NEXÖ als Zubringertrawler zu fungieren.
Die Überfahrt von ca. zehn Tagen war für mich hochinteressant, denn es ging zwischen Schottland und den Orkney's durch den Pentland Firth und damit von der Nordsee in den Nordatlantik zur Überfahrt nach Labrador und Neufundland. Hier erlebte ich zum Ersten und letzten mal leichte Anzeichen der Seekrankheit. Das war aber alles nicht so tragisch, denn die lang gestreckten grünen schottischen Küstenhänge halfen mir darüber hinweg und ich habe diesen Anblick bis heute nicht vergessen. Jedes mal , wenn ich in der heutigen Zeit den XP-Computer eingeschaltet habe, erschien der grüne Hügel und erinnerte mich an diese herrliche schottische Küste.
Bevor der Fangplatz erreicht wurde führten wir einen Probehol durch. Dieser Hol erbrachte uns ca. 200 Korb reinen großen Rotbarsch. So kamen wir auf dem Fangplatz an und hatten bereits den ersten Fisch für die Übergabe an Deck liegen. Demzufolge begann die Fischerei gleich mit der Übername eines leeren Steerts und anschließender Übergabe des vollen Steerts an die NEXÖ.
Für die meisten Kollegen auf der STALINSTADT war der Übergabevorgang eine neue Arbeitsaufgabe. Vor dieser Reise wurde das Schanzkleid an der Backbordseite mit einer Lukenöffnung ausgestattet. Hier wurde zur Übergabe der Übergabesteert angeschlagen, der mit Auftriebsmitteln in Form von alten Öl- bzw. Dieselfässern versehen war. Damit war der Steert, nachdem er längsseits an Backbord schwamm, zum Befüllen bereit. Viel Wasser aus Feuerlöschschläuchen, Besen und Geräte nach dem Prinzip eines Schneeschiebers zwangen den Fisch schließlich in den Steert. Mit Kabeljau ging das ja ganz flott, jedoch der Rotbarsch war schon schwieriger zu bezwingen
Bei längerer Lagerung des Fisches an Deck wurde dieses Unterfangen immer schwieriger. Schweiß und Seewasser ließen uns in den Klamotten fast schwimmen. Nach dem Befüllen erhielt der Steert noch einen Hievstander, einen Ekazellschwimmer mit Grubenlampe, eine Korkleine und eine gelbe Gummiblase. Nun wurde das Alles der See übergeben. Uns blieb die Hoffnung, dass der Steert letztendlich wohlbehalten auf dem Deck des Verarbeitungsschiffes landet. Dann erst war unser Fanganteil gesichert.
Da ich diese Übergaben bereits auf der OELSNITZ mitgemacht habe, war ich nicht mehr so unerfahren. Auf diesem zweitältesten Trawler, Indienststellung am 01.06.1952, war die Arbeit in diesem Seegebiet recht beschwerlich.
Zum einen fehlte das bei den Typ II und III Trawlern nachgerüstete Schutzdeck an Backbord, so dass des öfteren der an Deck zur Übergabe gesammelte Fang bei stürmischem Wetter über Bord ging. Das fehlende Schutzdeck erleichterte zwar das Anschlagen des Übergabesteerts am Übergabeluk, erschwerte jedoch durch den fehlenden Wind- und Wetterschutz die Arbeit an Deck. Wir waren ca. 38 Tage am Fangplatz und mußten uns mit den Widrigkeiten abfinden. Angenehm für die Deckscrew war, dass bei einer Schleppzeit von ca. zwei Stunden immer etwas Zeit zum Schließen der Augen war. Dies war möglich, weil auf diesem Grund kaum Netzschäden auftraten, nicht geschlachtet wurde und so etwas wie Schichtdienst eingeführt wurde. Dies lag aber immer im Ermessen des Kapitäns. Es gab Kapitäne, die diese Erleichterung ihrer Decksbesatzung verweigerten. Kapitän Mroszewski, ein sogenannter Westkapitän, war gegenüber seiner Decksbesatzung sehr loyal.
Interessant ist im Zusammenhang mit der Übergabe- und Verarbeitungstechnologie folgendes. Bereits im Jahr 1940 sollte mit der HAMBURG, einem umgebauten Frachtschiff, die deutsche Flottillenfischerei mit Fabrikschiff und Zubringertrawlern vor Grönland und Neufundland durchgeführt werden. Durch den Ausbruch des II. Weltkrieges kam es nicht mehr dazu. Erst im Fischkombinat wurde dieses Konzept in die Wirklichkeit umgesetzt. Jedoch, wer wußte von diesen ersten Anfängen im Jahr 1940 ?
Dann war es nach 38 Tagen soweit, wir wurden aus der Zubringerflotte zum Eigenfang nach den Fangplätzen bei Island entlassen. Auf der Überfahrt nach Island, ich stand gerade am Ruder, kam Kapitän Mroszewski mit einem Bild in der Hand auf die Brücke und sagte zu mir nachdem er mich forschend angesehen hatte,' sech ma Jung, dat büst doch du hier up dat Bild '. Da ich mit seiner Tochter in einer Schulklasse gegangen bin konnte ich die Frage beruhigt bejahen. Auf der Brücke war die komplette Brückenwache anwesend und hatte demzufolge alles mitgehört. Nun hatte ich an Bord mit ´Schwiegersohn´ meinen Spitznamen weg.
In Reykjavik wurden wir für weitere ca .15 Tage mit Treibstoff, Wasser, Eis und Proviant nachgerüstet. Während der Liegezeit wurden einige Besatzungsmitglieder von den Angehörigen der DDR-Handelsvertretung zu einer Autofahrt ins Innere der Insel eingeladen, leider war ich nicht unter den Auserwählten. So hatte ich mit einigen anderen die Möglichkeit zu einem ausgedehnten Landgang. Ein Kinobesuch war da auch eingeplant, da wir aber klamm bei Kasse waren blieb uns nichts weiter übrig als nach der Vorstellungspause uns unter die anderen Besucher zu mischen und nach freien Plätzen Ausschau zu halten. Diese Vorgehensweise hatte für uns Erfolg und wir sassen nun im Kino, jedoch haben wir das Kino bei dem gezeigten Film mit dem Namen -Circus of Horrors- angeekelt schnell wieder verlassen. Dafür waren wir wohl noch zu anständig. Am nächsten Tag haben wir uns, drei mit uns zusammen an der Pier liegende alte Walfänger angesehen. Damals dachte ich, da die Schiffe direkt vor einer Werft lagen, dass sie abgewrackt werden sollen. Jetzt, nach unglaublichen 49 Jahren habe ich diese Schiffe, und weitere gleichen Typs, beim Stöbern mit Google Earth in Reykjavik wieder gefunden. Sie liegen frisch gepönt an der gleichen Pier. Sind diese noch in Fahrt oder bilden sie eine museale Bereicherung der Hafenanlagen ? Leider habe ich nach Recherche im Internet erfahren, dass Island seit einigen Jahren mit diesen Schiffen wieder auf Walfang geht. ( lt. Recherche vom 0.Oktober 2010)
Jedoch hat alles Schöne und Interessante einmal ein Ende und so haben wir nach dem Ausrüsten die Hafenstadt Reykjavik verlassen, um das auszuführen, wofür wir auf einem Fischereischiff fuhren. Die Fischerei auf den isländischen Fangplätzen, vor allem dem Rosengarten, verlief für uns noch recht erfolgreich. Hier habe ich dann auch zum ersten Mal schwarzen Heilbutt gesehen. Einige von ihnen wurden zum Räuchern vorbereitet und sollten auf Heimreise geräuchert werden.
Nachdem wir unsere Räume fast voll hatten, mußten wir, damit der Fisch in guter Qualität in Rostock angelandet werden sollte, auf Heimreise gehen. Für die nächste Reise sollte ich eventuell als Matrose gemustert werden.
Dieses war meine erste lange Reise und ich hatte den Eindruck viel gelernt zu haben. Schade war, dass ich keinen Fotoapparat mit auf See hatte, denn Gelegenheiten für gute Bilder waren in Reykjavik reichlich vorhanden. Fotografieren während der Fischerei wurde nicht gerne gesehen. Das wurde mir bereits auf der OELSNITZ vermittelt.
Nach 53 Tagen beendeten wir die Reise und machten im Rostocker Fischereihafen fest.
Zu Hause war ich dann wieder sehr schnell mit dem ROBUR-Bus. Übrigens, ein paar Stücke des geräucherten Schwarzen wurden zum Festessen bei meiner Ankunft.
Nach einer Freizeit von 6 Tagen waren wir alle wieder an Bord und waren mit Ausrüstungsarbeiten beschäftigt.
Unerwartet wurde ein Schaden am Lagerbock der Hauptmaschine festgestellt. Daraufhin wurden die Reisevorbereitungen abgebrochen und das Schiff für eine Werftzeit vorbereitet. Das bedeutete, dass nur eine kleine Werftbesatzung an Bord blieb, der ich jedoch nicht angehörte. Alle anderen sollten in Urlaub gehen bzw. sich ein neues Schiff suchen, da die Werftzeit ca. 2 Monate dauern sollte. Ausser des Maschinenschadens sollte auch das grosse Logis im Vorschiff sowie der so genannte Heldenkeller umgebaut werden.
Nun hatte sich meine Freude in Frust gewandelt und ich haderte das erste Mal mit meinem Glück.
Gemeinsam mit einem Vollmatrosen, der mir während der Reise viel vermittelt hat, entschloß ich mich eventuell auf ROS 315 M.A.NEXÖ für eine Reise anzumustern und danach auf die STALINSTADT zurück zu kehren. Theoretisch war dieser Plan in der zeitlichen Abfolge durchführbar.
Also ging es erst einmal wieder für einige Tage in die Flottenreserve.

Quelle: www.internet-hochseefischerei.de/Reiseberichte/Bernd-Leverenz/bernd-leverenz-leben-4.htm